Klassische Blitzer-Fotos waren gestern – heute wird nicht mehr nur an einem Punkt die Geschwindigkeit gemessen. Denn mit Section Control wird die Geschwindigkeit der Autofahrer über eine längere Strecke hinweg gemessen. Dieses System ist aus Datenschutz-Sicht jedoch fragwürdig, da von jedem Autofahrer zwei Fotos geschossen werden – auch, wenn gar kein Geschwindigkeitsverstoß vorliegt.

Section Control – neues Messverfahren in Kritik
Section Control misst nicht die Geschwindigkeit eines Verkehrsmittels
an einem bestimmten Ort, sondern die durchschnittliche Geschwindigkeit
über eine längere Strecke. Zu Beginn der Messstrecke erfasst eine Kamera
jedes Fahrzeug mit KFZ-Kennzeichen. Am Ende erfasst eine zweite Kamera
wieder jedes Verkehrsmittel und errechnet aus der Zeitspanne zwischen
den beiden Kontrollpunkten, ob der Fahrzeugführer die vorgeschriebene
Geschwindigkeit im Durchschnitt überschritten hat. Ist dies der Fall,
nimmt eine weitere Kamera den Fahrer zur Identifikation auf. Wird kein
Verstoß festgestellt, sollen die Daten wieder gelöscht werden.
Die
Abschnittskontrolle wurde in Deutschland im Januar 2019 eingeführt und
bereits im März auf Anordnung des Verwaltungsgerichts Hannover wegen
einer fehlenden Rechtsgrundlage wiedereingestellt (Az. 7 A 850/19). Seit
November 2019 ist die Abschnittskontrolle nun wieder aktiv. Doch
hinsichtlich des Datenschutzes bleibt Section Control weiterhin
fragwürdig. Um die Abschnittskontrolle wieder zum Laufen zu bringen,
wurde dem niedersächsische Polizei- und Ordnungsbehördengesetz ein
Paragraph mit der benötigten Rechtsgrundlage hinzugefügt (§ 32, Absatz 7
NPOG). So konnte das Oberverwaltungsgericht Lüneburg die
Abschnittskontrolle im November als verfassungsmäßig erklären (Az 12 LC
79/19). Bisher gab es nur den Testlauf in Niedersachsen. Insgesamt ließe
sich wohl erkennen, dass die Verkehrsteilnehmer seit der Einführung
vorsichtiger fahren. Die Datenschutzfrage wird dabei jedoch nahezu außer
Acht gelassen, wie die CODUKA GmbH („Geblitzt.de“) kritisiert: „Die
Entscheidung in Niedersachsen hat nichts mit dem grundsätzlichen Problem
von Section Control zu tun“, sagt Jan Ginhold, Geschäftsführer der
CODUKA GmbH. „Zudem wirkt die Änderung des Gesetzes, die der
Abschnittskontrolle überhaupt erst eine Rechtsgrundlage gibt, mehr als
fragwürdig. Jeder Mensch hat das Grundrecht auf informelle
Selbstbestimmung und die ist mit der Verfahrensweise dieser
Geschwindigkeitsmessung nicht gegeben. Daten von allen Autofahrern, die
an den Messgeräten vorbeifahren, werden zunächst gespeichert. Aus diesen
Informationen kann anschließend ein genaues Bewegungsprofil erstellt
werden. Science-Fiction wird hier zur Realität, bedenkt man, dass diese
Technik irgendwann flächendeckend in einer Stadt oder gar bundesweit
angewendet werden könnte. Die Ausdehnung ist schließlich das Ziel eines
Testbetriebes.“
Aufgrund der möglichen Erstellung eines
Bewegungsprofils erklärte das Bundesverfassungsgericht das automatische
Erfassen von Nummernschildern zur Fahndung von Straftätern bereits im
Oktober 2018 zum Teil für verfassungswidrig (1 BvR 2795/09, 1 BvR
3187/10). „Die vorangegangene Entscheidung der Bundesverfassungsrichter
zeigt deutlich, dass Section Control auch weiterhin kritisch gesehen
werden sollte. Die Diskussion um die Datenschutzfrage ist mit dem Urteil
aus Niedersachsen zum Glück noch lange nicht zu Ende“, so Ginhold.
#kfz #werkstatt #auto #autofahrer #autohaus #sectioncontrol #blitzer